Praktische Umsetzung der Ziele des Hochhausrahmenplans
Prof. Dr. Stefan Pützenbacher, Experte für Planungsrecht
Rechtsnatur des Hochhausentwicklungsplans
Der Frankfurter Hochhausentwicklungsplan, oft auch als Hochhausrahmenplan bezeichnet, ist ein sogenanntes städtebauliches Leitbild im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB. Als Planungsleitlinie konkretisiert er die allgemeinen Ziele der Bauleitplanung. Dabei ist der Hochhausentwicklungsplan lediglich Teil der informellen städtebaulichen Planung, die die Zielvorstellungen auch für Teilbereiche der Stadt aufzeigt und aufeinander abstimmt. Er dient zur Vorbereitung der späteren formellen Planungen, die in der Regel über Flächennutzungspläne und Bebauungspläne aufgestellt werden. Für die Verwaltung hat er interne Bindungswirkung, denn die Erfordernisse der Bauleitplanung haben sich an dem städtebaulichen Leitbild zu orientieren.
Grundsätzlich lösen solche Entwicklungs- und Rahmenplanungen keine unmittelbaren rechtlichen Folgen aus, d. h. die Stadt kann Investoren, die Hochhäuser planen, nicht ohne Weiteres mit Blick auf den Hochhausentwicklungsplan in ihrer baurechtlichen Entscheidung beeinträchtigen; vielmehr ist letztendlich die Bauleitplanung, also die Aufstellung von Flächennutzungsplänen und (vorhabenbezogenen) Bebauungsplänen entscheidend für das Baurecht, das der Investor erhält. Umgekehrt kann aber auch ein Grundstückseigentümer, der ein Hochhaus errichten will, sich nicht allein auf einen Hochhausentwicklungsplan, den Hochhausrahmenplan, berufen. Dieser gibt ihm kein Baurecht. Die Inhalte des Hochhausentwicklungsplans gehen als Abwägungsmaterial in die Bauleitplanung ein, tragen also zur Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung bei, ob man an einer bestimmten Stelle der Stadt ein Hochhaus, und wenn ja in welcher Größe, zulassen möchte.
Es ist grundsätzlich möglich, eine gemeindliche Entwicklungsplanung für sachliche Teilbereiche (hier: Anordnung von Hochhäusern im Stadtgefüge), aber auch die Höhenentwicklung von Gebäuden oder die Festlegung von Standorten zu differenzieren. Üblicherweise werden in einem Hochhausentwicklungsplan auch Ziele definiert. Es kann festgeschrieben werden, wie hoch der Wohnanteil eines bestimmten Hochhaustandortes ist, welche energetische Versorgung erfolgt, wie energieeffizient das Gebäude sein muss und wie es gestaltet werden darf und muss.
Die Stadt kann es ablehnen, für Hochhäuser, die nicht als Einzelobjekt im Hochhausrahmenplan beschrieben sind oder die nicht als Teil eines Hochhaus-Clusters dargestellt sind, Baurecht über einen Bebauungsplan zu schaffen. Dem kann der Bauherr gegebenenfalls unter Hinweis auf die besondere Stellung des Bauherrn entgegentreten. So ist zum Beispiel das Hochhaus der Europäischen Zentralbank im Frankfurter Osten zugelassen worden, obwohl es nicht Teil des Hochhausrahmenplanes war.
Prof. Dr. Stefan Pützenbacher ist Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Honorarprofessor für Planungs- und Baurecht an der Frankfurt University of Applied Sciences. weitere Details
Umsetzung durch städtebauliche Verträge
Um die Ziele des Hochhausrahmenplanes umzusetzen, bedient sich die Stadt Frankfurt am Main der Möglichkeit, mit bauwilligen Investoren städtebauliche Verträge abzuschließen. Hierbei gibt es die Möglichkeit, einen klassischen städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB abzuschließen oder – für den Fall, dass der Bebauungsplan vorhabenbezogen, also auf Initiative des Investors, aufgestellt wird – einen Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB vorzubereiten.
Voraussetzung beider Varianten städtebaulicher Verträge ist, dass das Vorhaben im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans oder eines Angebotsbebauungsplans liegt. Zwar sieht die Rechtsprechung auch die Möglichkeit, städtebauliche Verträge isoliert für eine Bebauung ohne Bebauungsplan aufzusetzen. In der Regel geht man aber davon aus, dass Hochhäuser wegen ihrer mannigfaltigen gravierenden Auswirkungen generell einen „passgenauen“ Bebauungsplan benötigen (VG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.05.2011 zur Eschersheimer Landstraße 14 – NVwZ-RR 2011, 810).
Wohnanteil bei Hochhausvorhaben
Gemäß den Bestimmungen des aktuellen Hochhausrahmenplans der Stadt Frankfurt am Main von 2008 soll bei Bürovorhaben immer ein Wohnanteil von mindestens 30% der Bruttogrundfläche oberhalb der Hochhausgrenze ermöglicht werden. Dieser ist nicht zwingend im selben Gebäude zu realisieren. Er kann – bei ausreichend großen Grundstücken – neben dem Büro-Hochhaus auf demselben Grundstück oder aber in der weiteren Nachbarschaft dargestellt werden. Dabei ist immer Voraussetzung, dass die dem Wohnungsbau zugedachten Flächen bis dahin nicht wohngenutzt waren und dass sie keine planungsrechtliche Qualifikation besitzen, die ohnehin nur Wohnungsbau erlaubte.
In städtebaulichen Verträgen, die sich auch mit dem Wohnanteil beschäftigen, kann daher geregelt werden, dass ein Wohnanteil in Wohneinheiten von bestimmter Größe herzustellen ist, wann dieser Wohnanteil fertigzustellen ist und dass die Nutzung des Hochhauses zu Gewerbezwecken erst dann aufgenommen werden darf, wenn der Wohnanteil benutzbar fertiggestellt ist. Ferner kann in solchen Verträgen geregelt werden, dass der Wohnanteil des Bebauungsplans auch auf einem anderen Flurstück zu den gleichen Voraussetzungen nachgewiesen wird. Insbesondere bei Wohnhochhäusern, die grundsätzlich keine Gewerbeeinheiten vorsehen sondern reinen Wohnnutzungen dienen, kann die Stadt in städtebaulichen Verträgen zusätzlich zum Wohnanteil auch noch Wohnungen im geförderten Wohnungsbau verlangen.
Insofern verpflichtet die Stadt Frankfurt am Main Eigentümer im Rahmen von städtebaulichen Verträgen, regelmäßig im Rahmen des Projektes nicht nur einen Wohnanteil, sondern zusätzlich innerhalb dieses Wohnanteils Wohnungen mit Mietpreisbindung bzw. sozial gefördertem Wohnraum mit einem Anteil von ca. 30% der gesamten Wohnungsanzahl zu errichten.
Solche städtebaulichen Verträge können dann auch bestimmte Nachweispflichten oder Vorgaben für Mietverträge vorsehen. Derzeit sind solche Verpflichtungen nicht ohne vertragliche Grundlage möglich; künftig beabsichtigt die Stadt Frankfurt am Main jedoch, diese Voraussetzungen als bindendes Stadtrecht satzungsmäßig festzuschreiben.
Energieeffizienz von Hochhäusern
Der Hochhausrahmenplan der Stadt Frankfurt am Main von 2008 sieht derzeit vor, dass es bei Errichtung und Betrieb von Hochhäusern anzustreben ist, den gesamten Primärenergieverbrauch auf unter 150 kW/h pro Quadratmeter Bruttogrundfläche zu begrenzen, wobei mindestens 50% der erforderlichen Primärenergie aus der Nutzung von Erdwärme/Erdkälte, Photovoltaik oder aus sonstigen erneuerbaren Energien gewonnen werden sollte.
Aus diesem Grund sehen städtebauliche Verträge über Hochhausprojektentwicklungen regelmäßig Regelungen über energetische Konzepte vor, die den Investor verpflichten, ein Energiekonzept zu erstellen, das ausgehend von den Anforderungen der Energieeinsparverordnung und vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele der Stadt Frankfurt am Main eine Energieversorgung zum Ziel hat, die unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Anforderungen soweit wie möglich regenerativ erfolgen sollte.
Gestaltung von Hochhäusern
Da die Gestaltung von Hochhäusern ihre nähere Umgebung – ggf. im Verein mit anderen Hochhäusern – extrem prägt, erfordert die kleinräumliche Verortung, die Gliederung der Baumasse und Fassaden und die Auswahl von Formen, Materialien und Farben ihrer äußeren Gestaltung eine sorgfältige Planung und einen intensiven Entscheidungsprozess unter Betrachtung von Alternativen. Aus Sicht der Stadt Frankfurt am Main ist die beste Gewähr für hervorragende Realisierungsplanungen ein Wettbewerb oder ein wettbewerbsähnliches Planungsverfahren unter Beteiligung einer ausreichenden Anzahl von qualifizierten Architekturbüros und unabhängigen sachverständigen Preisrichtern. Derartige Verfahren sollen zumindest für alle Hochhäuser mit 60 oder mehr Metern verlangt werden, bei städtebaulich besonders sensiblen oder besonders herausragenden Standorten aber auch für niedrigere Vorhaben.
Ebenfalls im Rahmen von städtebaulichen Verträgen kann dann über die Architekturqualität und die Durchführung von Architektenwettbewerben Einvernehmen mit dem Bauherrn erzielt werden.
Sicherungsmechanismen für den Hochhausrahmenplan
Schließt die Stadt Frankfurt am Main mit Hochhausinvestoren städtebauliche Verträge, können die Rechte der Parteien mit mehreren Sicherungsinstrumenten beschränkt werden. So kann die Stadt grundbuchliche Nutzungsbeschränkungen durch Grunddienstbarkeiten oder beschränkt persönliche Dienstbarkeiten verlangen und – öffentlich-rechtlich – Beschränkungen durch Baulasten im Baulastenverzeichnis, das bei der Bauaufsicht geführt wird, eintragen lassen. Rein vertragsrechtlich können Vertragsstrafen oder Bürgschaftsverpflichtungen als wirtschaftliche Einschränkung zulasten des Bauherrn geregelt werden, um die Vorgaben der Stadt zu sichern. Schließlich stehen der Stadt bauaufsichtliche Befugnisse zu, denn der städtebauliche Vertrag und die Genehmigungsverfahren stehen grundsätzlich in einem gekoppelten Verhältnis, so dass bei Vertragsverletzungen die Bauaufsichtsbehörde auch gegen den Bauherrn einschreiten kann.
Zukunft des Hochhausrahmenplans
Im Rahmen der derzeitigen Diskussion um die Fortschreibung des Frankfurter Hochhausrahmenplans, der womöglich im Jahre 2021 in einer Novelle vorliegen könnte, ist es nötig, die Ziele des Hochhausrahmenplans neu zu definieren und an aktuelle Anforderungen an Nutzerverhalten, Energiefragen und Gestaltungsvorstellungen anzupassen.
Nach wie vor wird das Instrument städtebaulicher Verträge geeignet sein, die definierten Ziele des Hochhausrahmenplans wirksam umzusetzen.
Da es hinreichend Sicherungsmechanismen für die Stadt gibt, damit vertragliche Regelungen kein stumpfes Schwert sind, sind städtebauliche Verträge zwischen Bauherren und Kommune auch keine riskanten Geschäfte.
Umgekehrt sollten Regelungen in städtebaulichen Verträgen aber auch den Anreize für Investoren bieten, die Ziele des Hochhausrahmenplans aktiv umzusetzen und sich nach wie vor an die Hochhausprojektentwicklung in Frankfurt am Main heranzuwagen.
Über den Autor
Prof. Dr. Stefan Pützenbacher ist der Autor von diesem Artikel und ist Mitglied des Frankfurter Forschungsinstituts für Architektur • Bauingenieurwesen • Geomatik an der Frankfurt University of Applied Sciences (FFin).
Über das Frankfurter Forschungsinstitut für Architektur • Bauingenieurwesen • Geomatik (FFin)
Das FFin steht für Forschungskompetenz in Planung, Bau und Betrieb im Ballungsraum FrankfurtRheinMain. Mit seinen planungs- und baubezogenen Disziplinen zeigt das FFin eine besondere gesellschaftliche Verantwortung für die nachhaltige Entwicklung und das Wohlbefinden der Menschen im städtischen und ländlichen Raum. Anwendungsorientierte Forschung liefert Ergebnisse für eine ressourcenschonende Planung und Entwicklung sowie eine ästhetisch ansprechende Gestaltung der gebauten Umwelt. Im FFin forschen derzeit mehr als fünfzig Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen „rund um die Immobilie“. Dabei steht die Forschung zu Hochhausthemen oftmals im Vordergrund.
Weitere Informationen über das Frankfurter Forschungsinstituts für Architektur • Bauingenieurwesen • Geomatik (FFin) erhalten Sie auf auf der Website des FFin: www.ffin.eu
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