Best Practice Beispiele für Umgang mit Hitze in den Innenstädten

Asphaltierte Straßen und Plätze, die bei Hitze ohne Verschattung durch Bäume zu glühenden Oberflächen werden, machen unsere Städte im Sommer zu überhitzten Betonwüsten. Jedes Jahr sterben circa 3.000-8.000 Menschen in Deutschland an den Folgen extremer Hitze. Die Deutsche Umwelthilfe hat 190 Städte hat beim Hitze-Check 2025 untersucht und erstmals mithilfe eines Hitzebetroffenheitsindex erfasst, wie viele Menschen konkret in stark belasteten Stadtgebieten leben, sprich dort, wo hohe Temperaturen auf dichte Bebauung und zu wenig Grünflächen treffen.

Wo es besonders heiß wird

Insgesamt stufte die Deutsche Umwelthilfe 31 Städte in die Kategorie rot und damit als besonders belastet ein, darunter Frankfurt am Main und Mannheim. 131 Städte liegen in der mittleren Kategorie gelb, unter anderem Köln, Berlin und München. 28 Städte landen in der besten Gruppe grün, darunter Hamburg. In süddeutschen Städten ist die Hitzebelastung der Untersuchung zufolge besonders hoch. Mannheim, Ludwigshafen, Worms, Rüsselsheim und Frankfurt, führen die Tabelle an – im negativen Sinne. 88 bis 91 Prozent der Bevölkerung leben hier laut Deutsche Umwelthilfe in stark belasteten Gebieten.

Die Deutsche Umwelthilfe fordert jetzt gesetzlich einen verbindlichen Mindestgrünanteil für Grundstücke, Gebäude und den öffentlichen Raum. Städte brauchen nicht nur bezahlbare Wohnungen, sondern auch mehr Schatten durch Bäume, mehr Wasserflächen und mehr Grün an Fassaden, Dächern und Straßenrändern – die Lösungen gibt es bereits. Jetzt ist jedoch auch der politische Willen gefordert, um gesetzlich dafür zu sorgen, dass die Menschen in den Städten auch in Hitzesommern gesund bleiben. Bei der Deutschen Umwelthilfe kann man sich aktiv bei einer Petition für mehr grünen Lebensraum an die Bürgermeister einbringen.

Was zu viel Beton bewirkt

Auf versiegelten Flächen wie Straßen, Parkplätzen oder Dächern kann kein Wasser versickern und das Wasser kann nicht verdunsten, was für Kühlung sorgen würde. Die Flächen heizen sich auf und geben diese gespeicherte Hitze lange an die Umgebung ab und insbesondere in Städten staut sich die Hitze.

Bäume, Hecken, Pflanzen haben den gegenteiligen Effekt, weil hier Feuchtigkeit verdunstet. Besonders Bäume können Wunder bewirken gegen Hitze: Unter ihren Kronen und durch ihren Schatten können die Temperatur im Umkreis von bis zu 40 Metern um bis zu 10 Grad Celsius senken, schrieb das Bauministerium im vergangenen Jahr in seiner Hitzeschutzstrategie. Auch offene Wasserflächen tragen zur Kühlung bei. Städte können einiges tun, um den Aufenthalt auch bei hohen Temperaturen angenehmer zu gestalten.

Was die Politik gegen Hitzebelastung tun kann - Hier mehrere Best-Practice-Beispiele:

Stadt Mannheim pflanzte 1000 Bäume im letzten Jahr

Die Erste Bürgermeisterin Prof. Dr. Diana Pretzell freute sich im Frühling über einen neu gepflanzten Feldahorn. Es ist der 1000. Baum, den die Stadt Mannheim in diesem Winterhalbjahr gepflanzt hat.  Seit 2020 pflanzt die Stadt Mannheim von Jahr zu Jahr mehr Bäume. Bis 2019 waren es noch bis zu 300 pro Jahr, seit diesem Winterhalbjahr sind es nun zum ersten Mal 1000. Damit die enorme Steigerung auf 1000 Bäume pro Jahr möglich wurde, hatte der Gemeinderat dem Stadtraumservice für das Jahr 2024 mehr Geld und Personal bewilligt.  Mitarbeitende des Stadtraumservice suchen ständig nach neuen Standorten für Bäume. Doch dafür braucht es Platz über und unter der Erde – oft sind unterirdisch Leitungen im Weg. Einen großen Aufwand und damit hohe Kosten verursacht das Gießen junger Bäume in den Jahren nach der Pflanzung.

Frankfurt kämpft gegen Hitze in der Stadt. 10.000 neue Bäume sollen der Stadt Schatten spenden. Rund 3.200 wurden bereits gepflanzt.

Vor rund zwei Jahren hat das Frankfurter Stadtparlament beschlossen, 10.000 Bäume bis zum Jahr 2030 zu pflanzen. Der Grund dafür: Die Stadt benötigt dringend mehr Schatten. Gerade in den Sommermonaten, wenn die Temperaturen die 30-Grad-Marke überschreiten, wird es schnell zu heiß in der Mainmetropole. Viele versiegelte Flächen und wenig Grün befeuern die heiße Sommerluft. Abhilfe leisten da Bäume, die ab einer gewissen Größe auch Schatten spenden.

„Jedes Grün zählt“, sagt Frankfurts Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodríguez (Grüne). Der Antrag, 10.000 Stadtbäume bis 2030 zu pflanzen, gehe da in die richtige Richtung. Seit dem Beschluss vor zwei Jahren wurden in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 3.239 Bäume gepflanzt. Bei etwa der Hälfte der gepflanzten Bäume handelt es sich um Nachpflanzungen für gefällte Gehölze. Neu hinzugekommen sind somit rund 1.600 Bäume an neuen Standorten. Davon befinden sich 400 an Straßen und auf Plätzen.

Jedoch hat auch die Stadt Frankfurt bei neuen Baumpflanzungen wiederholt Probleme. Laut dem Umweltdezernat liegt das vor allem daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg häufig Bäume über Versorgungsleitungen gepflanzt wurden. Damals fehlten klare Regeln oder das nötige Wissen. Später wurden zudem Leitungen direkt durch die Pflanzgruben gelegt – also dort, wo die Bäume mit ihren Wurzeln eigentlich Platz brauchen. Deshalb können viele Bäume heute nicht mehr an ihrem alten Standort nachgepflanzt werden. Nach den aktuellen Regeln sollen Bäume mindestens 2,5 Meter von unterirdischen Leitungen und Kanälen entfernt stehen.

Bundesweiter Mitmach-Wettbewerb zum Entsiegeln von Böden

Versiegelte Böden – etwa durch Pflastersteine, Asphalt oder Beton – sind ein Problem, sei es für das Wassermanagement, den Hitzeschutz oder den Naturschutz. Die damit verbundenen Risiken und Kosten bleiben oft ebenso unsichtbar wie mögliche Alternativen. „Abpflastern“ ist ein deutschlandweiter Wettbewerb, bei dem Städte und Gemeinden in einem freundschaftlichen Wettstreit Flächen entsiegeln. Ziel soll es sein, möglichst viele zugepflasterte Orte in der Stadt wieder aufatmen zu lassen und so nicht nur Flächen zur Verdunstung bei Hitze, sondern auch zur Versickerung bei Starkregen tauglich zu machen.

Beim „Abpflastern“ nehmen Anwohner und Kommunen gemeinsam die Schippe in die Hand – für den Sieg im Wettbewerb und für die Zukunft ihres Wohnortes.  Als Vorbild für den Wettbewerb dient das „Tegelwippen“ in den Niederlanden, welches seit Jahren das riesige Potenzial von Bürgerbeteiligungen für die Gestaltung unserer Stadtviertel zeigt. Seit 2021 wurde eine unglaubliche Dynamik entfacht und mit anhaltender Begeisterung wird Jahr für Jahr immer mehr Fläche entsiegelt. Inspiriert vom niederländischen „Tegelwippen“ läuft seit diesem Jahr auch in Deutschland ein bundesweiter Wettbewerb mit dem Namen „Abpflastern“. Initiator ist die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung in Koblenz.

Frankfurt führt  den bundesweiten Wettbewerb mit einem Abpflaster-Projekt in Eschersheim aktuell im Monat Juni  an. Eine Bürgerinitiative hat in Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt der Platz nun teilentsiegelt und für die Bepflanzung mit neuen Bäume vorbereitet worden. Der Ortsbeirat hat  zusätzlich eines der Grünen Zimmer organisierter, mit denen die Stadt allzu steinerne Plätze wenigstens ein bisschen kühlt und verschattet.

Begrünte Sonnensegel in Spanien

Hoch hinaus heißt es für die “Green Shades” – ein innovatives Begrünungssystem aus Alicante, das aus gespannten Textilstrukturen besteht, die an den Fassaden auf beiden Seiten der Straße verankert sind und auf denen Vegetation wächst. Das Projekt ist Teil des NewEuropeanBauhaus-Preises 2022 in der Kategorie „Wiederverbindung mit der Natur“.

Das einzigartige System ermöglicht es Pflanzen zu wachsen, indem es Samen auf seine Oberfläche projiziert. Das erste Markisensystem der Welt, das die Installation von Pflanzendächern ermöglicht. Luftig und leicht: Optisch und auch mit 30 kg/m² in sich. Die Konstruktionen sind mit Bewässerungsrohren ausgestattet, die in einer Höhe zwischen 7 und 5 Metern verlaufen. Das pflanzliche System selbst setzt als Segel ein besonderes Zeichen, kühlt auf natürliche Art und Weise und verbessert die Luftqualität. Zudem trägt es dazu bei, den Wärmeinseleffekt in den Stadtzentren zu verringern, die Lärmbelästigung zu reduzieren und den Sauerstoffgehalt zu verbessern. Die im System verwendeten Pflanzen sind für die Absorption von NOX und CO2 optimiert. Das freut natürlich auch die Tierwelt und ein neuer Lebensraum für Vögel, Schmetterlinge und Insekten entsteht.

Grüner Bunker in Sankt Pauli Hamburg

Ein riesiger grauer Betonkoloss mitten auf St. Pauli hat sich in einen Grünen Bunker verwandelt: Rund um den viereckigen ehemaligen Flakbunker wurde ein sogenannter Bergpfad gebaut und begrünt. Im Sommer 2024 wurde der Bunker eröffnet und hat mittlerweile mehrere Auszeichnungen erhalten. Highlight ist der 560 Meter lange „Bergpfad“ mit Treppen auf das Dach, der um die Außenfassaden hinaufführt. Vom kostenfrei zugänglichen öffentlichen rund 1.400 Quadratmeter großen Stadtgarten in 58 Meter Höhe genießen Besucher einen spektakulären Blick auf Hamburg. Bis zu 900 Menschen sollen sich dort gleichzeitig aufhalten können. Der Eintritt zu Bergpfad und Dachgarten ist frei.

Insgesamt sollen einmal rund 23.000 Pflanzen den Bunker zu einer Naturoase in der Stadt machen. Die Dach- und Fassadenbegrünung des Weltkriegsgebäudes wirkt als natürliche Klimaanlage. Der 38 Meter hohe Flakbunker war in den vergangenen Jahren um fünf Etagen erhöht worden. Neben dem Bergpfad und dem Dachgarten sind ein Hotel, Gastronomie und eine neue Mehrzweckhalle für Sport und kulturelle Veranstaltungen entstanden. Entwickler und Bauherr des Projekts ist das Hamburger Unternehmen Matzen Immobilien, das die Baukosten in Höhe von etwa 100 Millionen Euro ohne öffentliche Gelder privat finanziert hat. Mit dem Grünen Bunker St. Pauli setzt Matzen Immobilien ein Zeichen für innovative und nachhaltige Architektur. So wird auch zum Beispiel für die Bewässerung der rund 23.000 Pflanzen überwiegend Regenwasser genutzt, das nach dem Schwammstadtprinzip in Rückhalteboxen unterhalb der Bepflanzung aufgefangen wird. Außerdem wurde ein Gedenk- und Informationsort rund um die Geschichte des Bunkers geschaffen. Der Bunker war 1942 von Zwangsarbeitern errichtet worden. Der Grüne Bunker wurde auf der diesjährigen MIPIM, der weltweit größten Immobilienmesse in Cannes, mit dem renommierten MIPIM-Award 2025 in der Kategorie „Best Conversion“ (Beste Umwandlung) ausgezeichnet.

Schwammstadt-Prinzip

Das Schwammstadt-Prinzip (oder Sponge City) ist ein Konzept der Stadtplanung, das darauf abzielt, Regenwasser auf natürliche Weise zu sammeln, zu speichern und zu nutzen, um Überschwemmungen und Hitzeinseln in Städten zu reduzieren. Ähnlich wie ein Schwamm, der Wasser aufsaugt und wieder abgibt, soll die Stadt Regenwasser aufnehmen und verzögert wieder abgeben, um den natürlichen Wasserkreislauf zu unterstützen und die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Das Prinzip bedeutet konkret mehr Flächenentsiegelung, Parks, Regenwasserrückhaltung, Gebäudebegrünung und sorgt mit mehr Wasser für Verdunstung. Und über Kaltluftschneisen gelangt kühlere Luft aus der Umgebung in die Städte.

Ein gutes Beispiel für eine Schwammstadt ist Kopenhagen. Die Stadt hat nach mehreren Starkregenereignissen Maßnahmen ergriffen, um das Niederschlagswasser besser zu bewältigen. Dazu gehören speziell angelegte Straßen, die das Wasser oberirdisch ableiten oder zurückhalten, sowie die Nutzung von Plätzen als Rückhaltebecken bei Wolkenbrüchen. Zusätzlich werden neu begrünte und entsiegelte Flächen sowie begrünten Dächern und Fassaden genutzt, um Regenwasser zu speichern und zu versickern.

Helle Dächer und heller reflektierender Asphalt

Helle Dächer, auch bekannt als Cool Roofs, können einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der Hitze in Gebäuden und Städten leisten. Eine Erkenntnis, die man in den südlichen Ländern, wie z.B. Griechenland, schon immer anwendet. Die hellen Dächer reflektieren einen Großteil der Sonneneinstrahlung, wodurch sich das Dach und das Innere des Gebäudes weniger stark aufheizen. Dies führt zu einer geringeren Erwärmung des Daches und der darunterliegenden Räume. Durch die Reduzierung der Wärmeaufnahme können helle Dächer dazu beitragen, die Innentemperaturen im Gebäude zu senken, was den Bedarf an Klimaanlagen verringern kann. Großflächige helle Dächer können dazu beitragen, die Überhitzung ganzer Städte zu reduzieren, insbesondere in dicht bebauten Gebieten. Besonders effektiv könnten dabei reflektierende Dächer sein, heißt es in einer Studie des Fachjournal »Geophysical Research Letters« auf der Basis von Computersimulationen. Demnach können die Temperaturen damit in London an heißen Tagen um 1,2 Grad Celsius gesenkt werden, in einigen Stadtteilen sogar um bis zu zwei Grad.

Aber auch heller, reflektierender Asphalt kühlt. Mehrere Städte in Deutschland haben ebenfalls erste Versuche unternommen. Eine Abkühlung der Fahrbahnoberfläche um bis zu acht Grad wurde erfasst. Köln hat bereits hellen reflektierenden Asphalt verwendet, aber auch in Bonn wurde bei der Sanierung des Kanzlerplatzes heller Asphalt verwendet. Beigemischte helle Gesteinspartikel sollen das Sonnenlicht bis zu zehn Prozent besser reflektieren. Die Straße wirkt damit zum Beispiel in der Dämmerung heller. Das erhöht die Verkehrssicherheit. Zudem sinkt die Asphalttemperatur. Bis zu sechs Grad weniger sind im Sommer realistisch.

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