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KI-Revolution in der Immobilienbranche

Interview mit Klaus Hirt, Partner bei Drees & Sommer und Experte im Bereich Digitalisierung, über den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Bau- und Immobilienbranche

Im digitalen Zeitalter hat die Bau- und Immobilienbranche eine Revolution durchlebt: die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI). Diese innovative Technologie verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir bauen und Immobilien entwickeln, sondern ebnet auch den Weg für eine Zukunft, die von Effizienz, Nachhaltigkeit und bahnbrechenden Entwicklungen geprägt ist.

In einem exklusiven Interview mit Klaus Hirt, Partner bei Drees & Sommer und zuständig für den Bereich Digital Services, sprachen wir mit ihm über das Thema KI in der Bau- und Immobilienbranche. Dabei gab Herr Hirt aufschlussreiche Einblicke darüber, wie KI nicht nur die Effizienz und Produktivität in Bauprozessen steigern kann, sondern auch wie sie den Energieverbrauch und die Nachhaltigkeit von Immobilien optimiert. Das Gespräch beleuchtet konkrete Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Optimierung von Bauprojekten. Zudem wird spekuliert, welche innovativen Anwendungen in Zukunft entstehen könnten und wie sie den Immobilienmarkt transformieren würden.

Drees & Sommer ist ein international tätiges Beratungsunternehmen mit Fokus auf Bauprojektmanagement, Immobilienberatung und Engineering. Das Unternehmen wurde 1970 in Deutschland gegründet und bietet umfassende Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus von Immobilien, von der Planung und Entwicklung bis zur Realisierung und dem Betrieb.

Klaus - Hirt - Partner - Drees - und - Sommer

„Die Unternehmen müssen nun die Grundlagen schaffen und in Digitalisierung sowie die Ausbildung der Mitarbeiter investieren. Darüber hinaus müssen sie eine Unternehmenskultur schaffen, in welcher Digitalisierung und Veränderung fest verankert sind.“

Klaus Hirt

SKYLINE ATLAS: Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, uns einige Fragen zu beantworten. KI ist aktuell ein sehr relevantes Thema, auch in der Baubranche. Wie kann KI in der Baubranche eingesetzt werden, um Effizienz und Produktivität zu steigern?

Klaus Hirt: Da gibt es eine ganze Menge, womit wir starten können. Ich will jetzt aber nicht über die typischen MS Copilot und sonstigen Themen reden, die wir gerade überall hören. Also die Lösungen, die die tägliche Büroarbeit vereinfachen und effizienter gestalten werden. Das betrifft ja nicht explizit die Immobilienbranche, sondern einfach alles bzw. alle.

Aber auch in der Immobilienbranche werden wir viele Themen erleben oder erleben sie bereits heute, die das Arbeiten verändern und effizienter gestalten werden. Greifen wir mal ein paar Beispiele heraus.

Klaus - Hirt - Partner - Drees - und - Sommer

Klaus Hirt – Partner bei Drees & Sommer

Ein Beispiel ist das Thema des Flächenmodells. Bei der Planung eines Neubaus benötige ich die Anforderungen vom Nutzer, also welche Räume er braucht bzw. welche Nutzungen er hat. Auf der Basis ist es dann immer die erste Aufgabe, das Flächenmodell zu erstellen. Heute setzt man sich hin und überlegt, wo muss welcher Raum wie angeordnet sein? Wie sind die Kommunikationsbeziehungen? Passt das zum Arbeitsplatzkonzept? Zukünftig werde ich diese Information in die KI einspeisen und dann wird mir die KI die optimalsten Grundrisse erstellen. Dabei werden dann auch Themen wie Arbeitsstätten Richtlinien, Belichtung, Wege-Beziehung, Kommunikationsbeziehungen, etc. berücksichtigt. Was heute alles händisch erfolgt, wird dann zukünftig einfach durch die Maschine passieren.

Nehmen wir uns ein weiteres Beispiel. Was macht man als junger Projektmanager bei Drees & Sommer? Unter anderem Protokolle schreiben und danach mit ganz vielen To-Dos nach Hause gehen. Zukünftig wird das so sein, dass ich meinen KI-Agenten mitnehme, welcher die Besprechung aufnimmt. Wenn die Besprechung zu Ende ist, ist das Protokoll geschrieben und die To-Dos sind verteilt. Also wenn in der Besprechung festgelegt wurde, dass der Planer im dritten Obergeschoss irgendetwas am Grundriss ändern muss, dann ist aus der Besprechung heraus der Arbeitsauftrag an den Planer gegangen. Vielleicht sogar an die KI des Planers, sodass die Planung direkt angepasst wird. Die wertvolle Ingenieur-Kapazität verwenden wir nicht darauf, um Protokolle zu schreiben, sondern das kann dann die Maschine für uns übernehmen und wir nutzen dann unser Know-how, um dann auch wirklich inhaltlich qualitativ weiterzuarbeiten.

Von daher gibt es sehr viel im Einsatz und ich denke es wird noch einiges passieren. Ich werde nicht müde zu betonen, dass die Immobilien und auch die Bauwirtschaft sich dem nicht verschließen dürfen.

Wenn ich mit Leuten vom Bau rede, die immer sagen „naja, bis das bei uns ankommt, das wird ewig dauern und da wird nichts passieren,“ das glaube ich nicht. Ich habe gerade letzte Woche ein Video von einem Roboter gesehen, der auf der Baustelle verputzt hat.

SKYLINE ATLAS: Inwiefern kann KI dazu beitragen, den Energieverbrauch und die Nachhaltigkeit von Immobilien zu optimieren?

Klaus Hirt: Auch dort gibt es schon wirklich vielversprechende Lösungen. Bleiben wir beim Thema Energieverbrauch oder Energieeffizienz. Dort gibt es unter anderem das PropTech aedifion. Die haben ein KI Modul bzw. eine KI Lösung entwickelt, die auf die Gebäudeautomation aufsetzt und in die Steuerung eingreift.

Die KI weiß z.B. heute wird es heiß, also macht sie die Jalousien runter bevor die Sonne die Flächen aufheizen kann. So kann viel zielgerichteter geheizt oder gekühlt werden bzw. die gesamte Gebäudesteuerung wird viel effizienter genutzt. Und somit kann, ohne große baulichen Maßnahmen, Energie eingespart werden.

Das ist jetzt bezogen auf ein Gebäude, das ist ja schon sehr elementar. Und wir reden noch gar nicht darüber, dass das Gebäude energetisch ertüchtigt wird, sondern nur darüber, dass die Gebäudesteuerung einfach viel cleverer genutzt wird.

SKYLINE ATLAS: Könntest du Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von KI in der Optimierung von Bauprojekten nennen?

Klaus Hirt: Natürlich – und nicht nur in der Baubranche, sondern sogar ganz konkret auf der Baustelle. Der eine oder andere wird es vielleicht auf YouTube schon gesehen haben. Da gibt es einen sehr schönen Film über Spot. Spot ist ein Roboter, der ein bisschen aussieht wie ein Hund und ähnlich unterwegs ist. Spot wurde mit Laserscannern ausgestattet, die regelmäßig alle baulichen Veränderungen aufzeichneten und speicherten. Die hochpräzisen Laserstrahlen tasten alle Oberflächen ab und erzeugen ein Netz aus Millionen einzelner Punkte. Dabei entsteht eine sogenannte Punktwolke – eine millimetergenaue, geometrisch exakte Abbildung der Umgebung, die als Grundlage eines digitalen Zwillings dient. Langfristiges Ziel ist es, den gesamten Baufortschritt eines Projekts in einem einzigen konsistenten Modell darzustellen und den Soll-Zustand aus der Planung vollautomatisiert mit dem Ist-Zustand auf der Baustelle abzugleichen.

Alternativ auf YouTube ansehen

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„Spot“ im Einsatz auf einer Baustelle

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SKYLINE ATLAS: Welche Herausforderungen könnten bei der Implementierung von KI in Immobilienprojekten auftreten, und wie können diese überwunden werden?

Klaus Hirt: Eine schwierige Frage. Da sind natürlich der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Und ich bleibe dabei – es wird sehr viel passieren, auch in naher Zukunft.

Aber ein sehr konkretes Beispiel und etwas, was glaube ich auch schon zum Greifen nahe ist, geht wieder in das Thema Nachhaltigkeit. Ich rede vom seriellen Bauen bzw. dem seriellen Optimieren im Bestand bzw. dem energetischen Optimieren im Bestand.

Wir haben in Deutschland rund 20 Millionen Gebäude, die machen in der Summe 35 % des Energieverbrauchs aus. Um die Klimaziele einzuhalten, muss der Primärenergiebedarf hierzulande um 80 Prozent bis 2050 reduziert werden. Derzeit wird aber nur eins von 100 Gebäuden energieeffizient renoviert, dabei sind europaweit um die 85 Prozent aller Gebäude in die Jahre gekommen.

Nun muss aber ja erst mal das Potential zur Sanierung analysiert werden. Hier gibt es schon eine vielversprechende Lösung eines PropTechs. Die Software von Syte ist in der Lage das Sanierungspotential eines Gebäudes zu erkennen und konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. Und das auf Basis von frei verfügbaren Informationen.

Wenn ich dann noch ein paar Schritte weitergehe und den gesamten Prozess von Potentialanalyse, über Planung und Genehmigung bis hin zur (seriellen) Fertigung KI-gestützt darstelle, dann habe ich eine kleine, aber eine reelle Chance, die Klimaziele zu erreichen.

SKYLINE ATLAS: Welche innovativen KI-Anwendungen könnten in Zukunft in der Immobilienbranche entstehen, und wie könnten sie den Markt transformieren?

Klaus Hirt: Du sprichst mein Lieblingsthema an, mit dem ich gerade viel unterwegs bin. Nicht weil wir natürlich auch entsprechend beraten können, sondern weil es einfach eine Herzensangelegenheit von mir ist.

Viele reden über KI. Ein Kollege sagt immer so schön – vorletztes Jahr war ChatGPT in der Bild Zeitung und das ist für ihn der Indikator, dass die KI in der breiten Masse angekommen ist.

Experten reden von KI schon seit den 1950igern. Jetzt ist das Thema aber bei allen angekommen. Alle reden darüber, aber keiner weiß eigentlich, was er machen muss, damit KI zum Einsatz kommen kann. Und wenn man sich anschaut, wie der Digitalisierungsgrad in der Bau- und Immobilienwirtschaft aussieht, dann wird mir angst und bange.

Wir haben gerade aktuell eine Studie veröffentlicht, die wir gemeinsam mit der Hochschule Aschaffenburg erstellt haben. Und daraus wird wieder ziemlich deutlich, dass die Immobilienwirtschaft, was das Thema Digitalisierung angeht, ziemlich weit hinten dran ist.

Aber warum ist die Digitalsierung so wichtig? Ganz einfach – ohne Digitalisierung brauche ich nicht über KI nachzudenken. Klingt banal, aber die KI braucht etwas, mit dem sie arbeiten kann.

Sprich – ohne wesentliche Schritte in der Digitalisierung, wie die digitale Verfügbarkeit der Daten und digitale Prozesse, brauchen wir über den Einsatz von KI nicht nachdenken, weil schlicht die Grundlage fehlt.

Von daher mein Appell: Digitalisiert euch!

Die Unternehmen müssen nun die Grundlagen schaffen und in Digitalisierung sowie die Ausbildung der Mitarbeiter investieren. Darüber hinaus müssen sie eine Unternehmenskultur schaffen, in welcher Digitalisierung und Veränderung fest verankert sind.

5 Fragen an...

Herr Hirt hat die Fragen im Rahmen unserer Videoreihe „5 Fragen an…“ beantwortet. Für die Wiedergabe bitte auf das Symbol zum Abspielen klicken.

Alternativ auf YouTube ansehen.

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